4. Vernetzungstreffen “Rat geben – Ja zur Ausbildung!” in Berlin

Die Zusammenarbeit mit arbeitsmarktpolitischen Akteuren im Übergang Schule-Berufsausbildung ist auch für die 16 Rat geben-Projekte ein wichtiger Teil ihrer Arbeit. Durch Kooperationen können Wissen und Ressourcen gebündelt werden, Bezugspersonen besser erreicht und zielgerichtet unterstützt werden. Vor diesem Hintergrund fand am 3. und 4. April 2025 im Berliner Bezirk Wedding unser zweitägiges Rat geben-Vernetzungstreffen statt. Ziel der Veranstaltung war es, sich über Erfahrungen, Herausforderungen und bewährte Ansätze in der Arbeit mit Bezugspersonen von jungen Menschen mit Migrationsgeschichte auszutauschen und zu vernetzen.
Neben wertvollen Inputs durch verschiedene arbeitsmarkpolitische Akteure, welche hilfreiche Anknüpfungspunkte für die Gestaltung von Zusammenarbeit vermittelten, ermöglichten themenorientierte vertiefende Diskussionen Einblicke in die vielfältige Projektarbeit der bundesweiten Rat geben-Akteure. Denn obwohl alle Projekte auf die Stärkung von Bezugspersonen, die junge Menschen auf ihrem Weg in die duale Ausbildung begleiten, gleichsam abzielen – arbeiten sie bundesweit unter verschiedenen Rahmenbedingungen. Dadurch bringen sie jeweils unterschiedliche regionale Perspektiven und Good-Practice-Beispiele mit, die den fachlichen Austausch untereinander bereicherten.
Im Rahmen der Veranstaltung gab es auch einen Input durch Philipp Langer (Referat VIa4 „Koordinierung, Europäisches Parlament, EU-Erweiterung, EU-Außenbeziehungen“; Bundesministerium für Arbeit und Soziales) zum aktuellen Stand des ESF Plus-Programm „Rat geben – Ja zur Ausbildung!“. Das Ergebnis lässt sich zeigen: Über 8000 Teilnehmende hat das Programm mittlerweile erreicht. Dazu gehören Erziehungsberechtigte und Verwandte, Sozialarbeiter*innen, Ehrenamtler*innen und weitere Bezugspersonen von jungen Menschen mit Migrationsgeschichte.
Ein weiteres Highlight waren die Inputs von sechs Expert*innen aus verschiedenen Bereichen im Übergang Schule-Berufsausbildung. Die Beiträge boten wertvolle Impulse und Möglichkeiten der Zusammenarbeit:
Inputs Tag 1 : Gemeinsam für eine chancengerechte Ausbildung und berufliche Orientierung für Jugendliche
Dr. Lorenz Lauer (Leiter des Referats Integration, Vielfalt, Familie in der Arbeitswelt; Deutsche Industrie- und Handelskammer) betonte die Rolle der Wirtschaft bei der Integration von jungen Menschen mit Migrationsgeschichte. In seinem Beitrag stellte er das breite Engagement der IHKs vor – darunter Programme wie „Stark für Ausbildung“ oder das „Netzwerk Unternehmen integrieren Geflüchteten“, das über 4.000 Betriebe bei der Integration Geflüchteter unterstützt. Besonders hervorgehoben wurde das Aktionsprogramm „Ankommen in Deutschland“, das bundesweit Beratungs- und Unterstützungsangebote bündelt. Dabei geht es nicht nur um berufliche Orientierung und Ausbildungsvorbereitung, sondern auch um die individuelle Begleitung – vom Bewerbungstraining bis zur langfristigen Betreuung im Ausbildungsalltag. Ein klares Signal: Vielfalt wird in der Wirtschaft nicht nur akzeptiert, sondern aktiv gefördert.
“Mehr als zwölf Millionen Menschen mit Migrationshintergrund tragen zum Wohlstand Deutschlands bei. Ohne Vielfalt fehlen sie, ihre Produktivität und ihr entscheidender Beitrag zum kreativen Miteinander im Arbeitsleben.“
Birgit Kwasniok (Referentin im Geschäftsbereich Förderleistungen, Bundesagentur für Arbeit) gab einen umfassenden Überblick über die Unterstützungsinstrumente am Übergang von Schule-Beruf. Besonders im Fokus stand das Modell der Assistierten Ausbildung (AsA). Es unterstützt junge Menschen individuell – sowohl vor als auch während der Ausbildung – mit Maßnahmen wie Bewerbungstraining, Angeboten zum Abbau von Bildungs- und Sprachdefiziten, sozialpädagogische Begleitung sowie Prüfungsvorbereitung. Die AsA trägt laut Studien wesentlich dazu bei, Ausbildungsabbrüche zu verhindern und die Leistungen in der Berufsschule zu verbessern. Frau Kwasniok betonte jedoch auch, dass die Angebote oft nicht bekannt genug sind. Hier bedarf es einer stärkeren Vermittlung durch Bezugspersonen und Institutionen.
“Die Assistierte Ausbildung gibt jungen Menschen genau die Unterstützung, die sie brauchen – individuell, flexibel und nah an ihrer Lebensrealität.”
Carl-Hans Strudthoff und Auguste Hennecke-Bauernfeind präsentierten das Programm VerAplus des Senior Expert Service (SES). Hier begleiten Fachkräfte im Ruhestand ehrenamtlich junge Menschen durch die Ausbildung – persönlich, flexibel und bedarfsgerecht. Ziel des Programms ist es, junge Menschen auf ihrem Weg durch die Ausbildung individuell zu unterstützen – insbesondere dann, wenn es Schwierigkeiten in der Berufsschule, im Betrieb oder im persönlichen Umfeld gibt. Über 25.000 Auszubildende haben bisher von dieser generationenübergreifenden Unterstützung profitiert.
“Was Auszubildende brauchen ist Vertrauen und echte Begleitung – genau hier setzt VerAplus mit Herz, Erfahrung und Engagement an.”
Inputs Tag 2: Impulse aus Praxis und Forschung: Migrantische Selbstorganisationen, Schulen und Sportvereine als Schlüssel, um Bezugspersonen besser zu erreichen
Dr. Nils Friedrichs vom Sachverständigenrat für Integration und Migration gab einen Überblick zu migrantischen Organisationen in Deutschland. Er betonte ihre zentrale Rolle in der Integrationsarbeit sowie ihre Funktion als Anlaufstelle für Community-Support. Herausforderungen wie Ressourcenknappheit und ungleiche Partnerschaften mit staatlichen Stellen wurden ebenso thematisiert wie die Notwendigkeit politischer Interessenvertretung. Besonders hob er die Bedeutung von Vernetzung unter migrantischen Organisationen hervor – als Mittel zum Wissensaustausch, für gemeinsame Projekte und zur gegenseitigen Stärkung.
Jens Priesen, Schulsozialarbeit für Berufsorientierung an der Hermann-von-Helmholtz-Schule in Berlin-Neukölln, stellte praxisnahe Strategien zur Berufsorientierung an Schulen vor. Neben individueller Beratung und Workshops organisiert er Kooperationen mit lokalen Betrieben, um reale Übergänge von Schule in Ausbildung zu schaffen. Darüber hinaus zeigte er Wege auf, wie Bezugspersonen im schulischen Kontext gezielt erreicht und in ihrer Rolle gestärkt werden können. Er verwies auf die Notwendigkeit der Zusammenarbeit von Lehrkräften, Jugendberufsagenturen und außerschulischen Partner*innen bei der Begleitung junger Menschen, insbesondere von Schüler*innen mit Geflüchtet Erfahrung:
“Berufsorientierung funktioniert nur im Netzwerk – wenn Schule, Wirtschaft und Jugendhilfe gemeinsam an einem Strang ziehen entstehen echte Zukunftsperspektiven.”
Cemalettin Özer (Co-Projektleitung von BENdA) präsentierte stellvertretend für Frau Tamadon vom Integration durch Sport (DOSB), wie Sport als wirkungsvolles Mittel zur Förderung von Teilhabe und Integration fungieren kann. Er zeigte, wie Sportangebote Begegnungen schaffen, kulturellen Austausch ermöglichen und Zugehörigkeit stärken. Auch hier wurde die Relevanz politischer Mitsprache betont – besonders im Hinblick auf die Sichtbarkeit migrantischer Perspektiven im organisierten Sport. Herr Özer stellte erfolgreiche Kooperationen mit lokalen Vereinen vor, die inklusive Sportangebote für Menschen mit Migrationsgeschichte realisieren.
Das Treffen machte deutlich: Nur gemeinsam und in Zusammenarbeit mit weiteren arbeitsmarktpolitischen Akteuren und Programmen können wir Bezugspersonen von jungen Menschen bestmöglich unterstützen und für ihre Rolle als Ratgebende im Übergang Schule-Beruf stärken.
Vielen Dank an alle Teilnehmende für den wertvollen Austausch!